Das Schulbuch

Definition
Das Schulbuch ist eine an den Vorgaben des Lehrplans orientierte, eigens für den Unterricht erstellte Druckschrift in Form eines Verbundes von Texten, Bildern, Zeichnungen, Diagrammen, Tabellen, Profilen, Blockbildern und Karten. (Böhn 1999,141)

Vorteile des Schulbuchs

  • Jeder Schüler wird chancengleich ausgestaltet (vgl. Birkenhauer 1997, 221).
  • Das wirksamste Instrument, den Lehrplan im Klassenzimmer umzusetzen (ebd.).
  • Die Schüler haben die Möglichkeit den Unterrichtsstoff zuhause nachzuvollziehen (ebd.).
  • Das Schulbuch enthält viele Einzelmedien (Bilder, Diagramme etc.), die sonst selber besorgt werden müssen.
  • Darüber hinaus gibt es zahlreiche Arbeitsaufträge und Fragen, mit denen die Schüler sich beschäftigen können.
  • Moderne Schulbücher sprengen die eigenen Grenzen, indem sie zeigen, wie der Unterricht geöffnet werden kann; zum Beispiel durch Projektvorschläge oder Angabe von Internetseiten.

Abb.: Schematische Doppelseite eines Schul-
buchs

Ein Schulbuch ist immer nützlich, oder?

Wahrscheinlich gibt es viele Lehrerinnen und Lehrer, die ihre Arbeit nur schwer leisten könnten, wenn es keine Schulbücher gäbe. Im Referendariat in einer Förderschule wird dagegen gerne auf Schulbücher verzichtet und die Unterrichtsstunden werden perfektionistisch auf die eigene Schulklasse abgestimmt. Aber selbst, wenn man das Schulbuch nur als Ideengeber und Materialquelle nutzt, kann es sehr nützlich sein. Ich möchte Ihnen deshalb empfehlen, bei der Planung von Unterrichtsstunden und Unterrichtsreihen ein Schulbuch heranzuziehen. Wie Sie es letztendlich nützen, wird sich zeigen, hilfreich wird es wahrscheinlich sein.

Häufig werden Sie feststellen, dass Ihre Schüler mit den Inhalten eines Schulbuchs überfordert sind. Es kommt vor, dass sich die Autoren verschätzen und das Niveau zu hoch ansetzen. Es kann aber auch sein, dass Sie sich erst einmal an die sinnvolle Nutzung der Schulbuchinhalte herantasten müssen. So muss häufig das Lesen der Texte gut vorbereitet werden damit die Schülerinnen und Schüler nicht überfordert sind. Hierbei kann es hilfreich sein, in einem ersten Durchgang die unbekannten Worte zu sammeln, sie zu klären und dann den Text noch einmal durchzulesen. Lassen Sie sich also nicht abschrecken, wenn die Schüler bei der ersten Schulbuchnutzung überfordert sind.

Wenn Sie auf ein Schulbuch verzichten, sollten Sie sich deutlich machen, welche Aufgaben Sie damit übernehmen:

Wenn Sie nur noch mit dem Schulbuch arbeiten (ähnliches gilt natürlich auch für Arbeitsblattmappen, die man kaufen kann) droht allerdings ein auf Dauer recht gleichförmiger Unterricht, naja, Sie waren ja auch mal in der Schule und kennen das...


Anforderungen an Schulbücher

  1. Hoher Informationswert: Texte, Fotos, Diagramme, Blockbildern usw.
  2. Leichte Verständlichkeit und Lesbarkeit aller Texte, Aufgaben und Hinweise.
  3. Übersichtlichkeit der Seitengestaltung und der Textanordnung.
  4. Gute Gliederung der Seiten und der Texte.
  5. Gute und viele motivierende Möglichkeiten für den Schüler, selbstständig Erkenntnisse zu gewinnen (entwickelndes Lernen, originale Begegnung).
  6. Klare Begrifflichkeit gewonnen durch gute Veranschaulichung und sorgfältige Begründung besonders hinsichtlich solcher Begriffe, die über die Schule hinaus Schlüsselbegriffe des Verstehens von Welt bleiben sollen; keine unreflektierte Aneinanderreihung von Begriffen.
  7. Herausarbeitung von anwendbaren Regeln in leicht merkbaren Wenn-dann-Formulierungen (Wenn Weinbau betrieben wird, kann...).
  8. Offenlegen der Urteilsbildung und -findung; Abzielen auf eine zentrale Problemstellung; Lenken der Aufmerksamkeit durch "Aufmerker" (advanced organiser) (Du wirst in diesem Text kennen lernen... Arbeite die Merkmale dafür heraus.)
  9. Ausgewogenheit der Lernzielbereiche (kognitiv - affektiv - instrumental). Beschränkung auf wenige deutliche Lernziele je Bucheinheit.
  10. Korrektheit bei notwendigen Vereinfachungen.
  11. Klare Trennung der verschiedenen Textsorten.
  12. Vorhandensein von Glossaren, Registern, Merkttexten, systematisierenden Kursen, Übungs- und Kontrollfunktion.
  13. Erarbeitung von theoretischen Modellen.
  14. Gute Aufgabenstellungen.

Birkenhauer 1997,222


Verständlichkeit

Abb.: Die Schwierigkeit eines Textes kann der Computer prüfen

Im Internet gibt es eine interessante Seite, mit der sie die Verständlichkeit eines Textes überprüfen können:

http://www.leichtlesbar.ch/html/index.html

Probieren Sie es einmal aus: tippen Sie einen Schulbuchtext ein und kontrollieren, welchen Verständniswert er bekommt.
Sie können auch folgendes Beispiel kopieren und auf der Seite einfügen. Das Ergebnis ist erstaunlich! Der Text stammt aus dem Schulbuch "Stark in Gesellschaftslehre 2" einem Schulbuch für die Förderschule LE.

Der nationalsozialistische Staat wollte die Jugend im Sinne der NS-Ideologie beeinflussen und sie zu folgsame Nationalsozialisten heranziehen. Am wichtigsten war das "Heranzüchten gesunder Körper", erst in zweiter Linie kam "die Ausbildung geistiger Fähigkeiten." Diese Ziele sollten in der Hitlerjugend (HJ) verwirklicht werden. Sie war ab 1936 die einzige erlaubte staatliche Jugendorganisation. Ab 1939 mussten die Jugendlichen in die HJ eintreten. Dort wurde ihnen das Denken der Nationalsozialisten aufgezwungen.

Wenn Sie selber einen Text für ihre Schüler verfassen, können Sie ihn hier natürlich auch überprüfen.


Fachbegriffe

Die folgende Untersuchung zeigt, dass selbst Regelschüler in der Klasse fünf oder sechs nur ein oder zwei Fachbegriffe pro Unterrichtsstunde lernen können!

Graf untersuchte 1989 in Hessen, wie viele Fachwörter Schüler einer 5. und 6. Klasse im Fach Biologie lernen können: "im Ergebnis der Untersuchung stellte Graf fest, dass keiner der Schüler in der Lage war, alle vermittelten Fachwörter (circa 3 je Stunde) im Kontext richtig anzuwenden. Der Studie zufolge lernen Schüler des 5. und 6. Schuljahrgangs (die kaum über biologisches Vorwissen verfügen) nur ein bis maximal zwei Fachwörter pro Unterrichtsstunde. In der anschließenden Wortschatzanalyse wurden alle in Hessen zugelassenen Biologiebücher der Sekundarstufe I untersucht. Die fachlich geprägten Wörter wurden rechnergestützt ausgezählt und in Relation zu den zur Verfügung stehenden Unterrichtsstunden gesetzt: je nach Schulbuch wurden 8-12 neue Begriffe pro Unterrichtsstunde ermittelt!
Gogolok 2006, 482; zitiert nach Schallhorn 2007, 155

Fachbegriffe in der Förderschule

Beim Unterrichten in der Förderschule können sich Begriffe, die für uns selbstverständliche Alltagsbegriffe darstellen, für die Schülerinnen und Schüler als Fachbegriffe herausstellen.

Beispiel: in einer Unterrichtsstunde zum Thema Zähne gehen Sie davon aus, dass "Eckzahn", "Schneidezahn" und "Backenzahn" die neuen Fachbegriffe darstellen. Es kann aber sein, dass ihre Schülerinnen und Schüler auch mit den Begriffen "abbeißen" und "kauen" Schwierigkeiten haben und die Unterschiede zwischen diesen beiden Begriffen gar nicht genau kennen. Hier ist es also nötig Alltagsbegriffe wie Fachbegriffe einzuführen.


Literatur

Birkenhauer, Josef (Hg.): Didaktik der Geographie - Medien: Systematik und Praxis. München: Oldenbourg, 1997.

Böhn, Dieter (Hrsg.): Didaktik der Geographie - Begriffe. München: Oldenbourg, 1999.