Für das Unterrichtsfach "Sachunterricht" gibt es eine große Anzahl fachdidaktischer Ansätze. Ein übersichtliches und aktuelles Konzept stellen die fünf Perspektiven für den Sachunterricht dar. Die weiteren Ansätze sind etwas spezieller ausgelegt und können deshalb eine wertvolle Hilfe darstellen, mit einer speziellen Ausrichtung gestalten möchten.
Diese fünf Themenbereiche werden als wesentlich für einen aktuellen Sachunterricht betrachtet. Bei der thematischen Umsetzung soll versucht werden, die fünf Bereiche miteinander zu vernetzen. Das Thema „Wohnen und Wohnumgebung hier und anderswo” könnte demnach mit der historischen Frage (wie haben die Menschen hier früher gewohnt?), der naturwissenschaftlichen (z. B. Eigenschaften von Baumaterial), der sozialwissenschaftlichen (Zusammenhang zwischen Siedlungsweisen und Lebensweisen) und einer kulturwissenschaftlichen Sichtweise (Baustiele, Wohnungseinrichtungen) verbunden werden (vgl. Grundschule 4/2001 S. 11).
Eine sehr gute Internetseite, die Ihnen einen Überblick zur Begründung von Sachunterricht bietet, finden Sie beim Grundschulverband.
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M.K.Frauke Mau
Die ersten Vertreter des Konzepts "Erfahrungsorientierung" verbinden damit immer einen intensiven Wirklichkeits-, Umgebungs- und Alltagsbezug des Lernens. Erfahrung wird verstanden als methodische Kategorie der Erkenntniserfahrung (als Gegengewicht zur Medienüberflutung durch Modelle, Tafelbilder, AB etc.). Erfahrungsorientierung sollte auch lebendige Inhalte in den Mittelpunkt des Lernens stellen.
Im pädagogischen Alltagsverständnis steckt im Begriff Erfahrungsorientierung auch die enger gefasste Dimension erfahrungsnahen Lernens, bei der die Erfahrung mehr subjektiv erlebnisorientiert aufgefasst wird. Erfahrung ist das, was die Kinder subjektiv erlebt haben, so dass sie von daher einen Zugang haben.
Duncker & Popp (1994) halten den bloßen Erfahrungsbegriff zu eng auf die subjektive Seite bezogen und betonen, Sachunterricht müsse auch das Moment des Überschreitens der Erfahrung haben, da wesentliche Bereiche unserer Kultur über Erfahrung allein gar nicht erschließbar seien.
Erfahrungsorientierung wird gegenwärtig von drei unterschiedlichen Perspektiven her gedeutet:
Erfahrungsorientierung reicht als didaktisches Konzept allein nicht aus, um zukünftigen SU konzeptionell zu beschreiben.
Jennifer Ziegler
Diesen drei Konzepten, die die verschiedensten Ansätze einschließen und in sich sehr heterogene Konzepte umfassen, ist ein wichtiger Grundgedanke gemeinsam: Gestaltung des Sachunterrichts im Hinblick auf die subjektiven Interessen der Schüler. Bereits auf die Reformpädagogik gehen Überlegungen zurück, schulisches Lernen am bisherigen Lernen der Schüler anzusetzen, also der Ansatz an den entsprechenden (Vor-)Erfahrungen des Schülers. Schülerorientierter Sachunterricht wird von verschiedenen Autoren mit dem Begriff des entdeckenden Sachunterrichts gleichgesetzt. Er war die erste Form des offenen Unterrichts, der in den 70er Jahren aufkam und versuchte Schul- und Gesellschaftskritik in Unterrichtskonzepte zu übersetzen. Unterrichtliche Entscheidungen werden in erster Linie an den Interessen, Erfahrungen und Bedürfnissen der Lernenden ausgerichtet. Er grenzt sich ab von Konzepten geschlossener Curricula, starrer Lehrplanorientierung und Lehrerzentrierung. Kindorientierter Sachunterricht zeichnet sich durch die Veränderung des Lehrer-Schüler-Verhältnisses aus: Die Lehrerrolle wandelt sich vom „Vermittler“ zum „Anreger“ und „Beobachter“. Er wird oft als Gegenkonzept zu wissenschaftsorientierten, stark verfachlichten Sachunterrichtskonzepten gesehen. Auch bei offenen Unterrichtsformen (vom offenen Unterricht über den Wochenplan und das Stationenlernen bis zu Freiarbeit und Projektunterricht) ist die Vorplanung der Lehr- und Lernprozesse durch die Lehrkraft unerlässlich. Sie wird sich aber vor allem auf Möglichkeiten der Selbstorganisation, Selbstverantwortung und Eigentätigkeit des Lernenden richten. Diverse Praxisbeobachtungen unterstreichen, dass in offenen handelnden Lernprozessen durchaus produktiv und umfassend gelernt werden kann.
Claus Lennartz
Der Begriff Problemorientierung ist im Laufe der 70er Jahre im Zusammenhang mit der lernzielorientierten Unterrichtsplanung in die sachunterrichtliche Diskussion eingegangen. Inhaltlich betrachtet hat er weiter zurückreichende Wurzeln. Z.B. im Ansatz Wagenscheins (1968), indem anstelle der Präsentation vorgefertigten Wissens die Kinder durch Fragen und Beobachten ein offenes Problem selbst zu klären versuchen ("produktive Verwirrung", um Selbstverständliches und verfestigte Alltagsvorstellungen in Frage zu stellen).
Die heutigen Ansätze problemorientierten Sachunterrichts legen Wert auf eine auch für die Kinder problemhaltige Lernausgangssituation; sie gehen zurück auf lerntheoretische Voraussetzungen. Dabei steht eine Sicht des Kindes als motiviert und fragend denkend an erster Stelle. Gleichzeitig gehen die Ansätze davon aus, dass Kinder nicht vorgeformte, aufgesetzte Begriffe brauchen, sondern selbst denkend das Problem ergründen wollen; sie müssen erst die Begriffe verstehen, um die daraus erwachsenen Theorien verstehen zu können (Soostmeyer 1993).
5 Schritte problemorientierten Unterrichts nach Soostmeyer (1986) in Anlehnung an Dewey:
Beim Konzept des exemplarischen Lehrens und Lernens spielt das Lernausgangsproblem nicht mehr so eine starke Rolle; sondern es bedeutet, dass wichtige, eindrucksstarke Inhalte beispielhaft ausgewählt werden, an denen Zusammenhänge erkannt werden können.
Inhalte können nur problemorientiert entwickelt werden, wenn sie tatsächlich exemplarisch ausgewählt wurden, also für wirklich wichtige Inhalte stehen, was noch keine problemorientierte Unterrichtspräsentation garantiert.
Jennifer Ziegler
Der Blick wird nicht auf die Erfahrungen der Subjekte sondern mehr auf ihre Lebenswelt gerichtet, d. h. auf die subjektiv erlebte umgebende Welt. Lernen soll Bedeutung für das eigene Leben haben und wirklich authentische Probleme anstelle bloßen Nachgestaltens oder Abschreibens in Selbstkontrollblättern behandeln. Es lassen sich verschiedene Varianten lebensnaher Konzepte unterscheiden ihnen ist jedoch eine Betonung zusammenhängender Inhalte als Hauptsache des Unterrichts gemein:
In diesem Ansatz soll der Ernstcharakter sozialer Situationen praktiziert werden. Die Kinder haben die Möglichkeit Entscheidungen zu wirklich vorhandenen Problemen zutreffen, die für die Betroffenen weitreichende Folgen nach sich ziehen (vgl. Schreier 1994). Mit lebensnahem Lernen ist immer Konkretes Handeln anstelle diffuser Ganzheitsvorstellung verknüpft.
Annabell Weber
Im Sachunterricht können Schüler und Schülerinnen befähigt werden, sich mit natürlichen, technischen und sozialen Phänomenen ihrer Lebenswirklichkeit auseinanderzusetzen. Sachunterricht muss es sich daher zur Aufgabe machen, Erfahrungen der Kinder aufzugreifen, sie zu erklären und in schlüssige Zusammenhänge zu bringen. Handlungsorientiertem Unterricht liegt die Annahmen zu Grunde, dass Handeln die Basis kindlichen Lernens ist. Schulerinnen und Schüler sollen daher abwechslungsreiche Möglichkeiten erhalten, durch eigenes Handeln zu lernen. Im Mittelpunkt des Sachunterrichts steht die Sache selbst, dargestellt in konkreter Anschauung und durch unmittelbares Erleben. Der handelnde Umgang eröffnet und erklärt Begriffe und fördert das Verständnis für konkrete und allgemeine Zusammenhänge.
Merkmale handlungsorientierten (Sach-) Unterrichts (nach Kaiser, 1999, S.186)Die Begründung des Konzeptes bezieht sich nicht
allein auf die
Herstellung einer symmetrischen Beziehung und das Anknüpfen an
Lernvoraussetzungen der Kinder, sondern betont auch die
moralerzieherische Seite der Bildung des Gewissens durch die
Übung
der Nachdenklichkeit und unterstreicht die Chance des komplexen Denkens
("Einheit in der Vielheit", die es den Schülern
eröffnet.
Methodisch konkret werden verschiedene Ansätze für
den
Unterricht vorgestellt, nämlich über kontroverse
Geschichten,
Träume als Anlass, philosophische Kinderbücher (z.B.
Alice im
Wunderland), Metaphern oder Analogien, fern-nahöstliche
Weisheiten, Sprichwörter, Aphorismen, Sentenzen,
Sinnsprüche,
Rätsel, Paradoxien, Denkspiele, Knobelaufgaben, philosophische
Anekdoten, aber auch mit bekannten problemhaltigen
Kinderbüchern
(etwa von z.B. Michael Ende).
Eine inhaltliche Ausrichtung auf Gefühle und Wertungen, eine
aktivere Beziehung der Kinder zu den Unterrichtsinhalten sind die
wesentlichen konzeptionellen Merkmale, die philosophische Zugangsweisen
für den Sachunterricht von anderen unterscheiden.
Besonders fruchtbar ist an diesem sachunterrichtsdidaktischen Ansatz,
dass hier überhaupt versucht wird, ethische Fragen im
Sachunterricht systematisch in Ziel und Methoden zu verorten.
Der Projektorientierte Unterricht ist nicht ein Produkt der neueren sachunterrichtsdidaktischen Diskussion, denn schon gegen Ende des vorigen Jahrhunderts hat der Schulreformer John Dewey an der Chicago Laboratory School den Weg von der Theorie in die Praxis zu beschreiten begonnen. In der neueren Entwicklung ist der Begriff Projektunterricht durch Freinet (1965) mehr in den Vordergrund gerückt. Dagmar Hänsel (1986) vertritt die Definition von Projektunterricht als" pädagogisches Experiment mit der Wirklichkeit, das von Lehrern und Schülern in Form von Unterricht unternommen wird und das zugleich die Grenzen von Unterricht überschreitet, indem es Schule und Gesellschaft durch praktisches pädagogisches Handeln erziehlich zu gestalten sucht".
Vor allem die Auseinandersetzung mit tatsächlichen Problemen ist ein Merkmal, das den Projektunterricht vom Erfahrungs- und Handlungsorientierten Unterricht abgrenzt. Zur Ergänzung dient der Merkmalskatalog von Gudjons: Situationsbezug, Orientierung an den Interessen der Beteiligten, Selbstorganisation, gesellschaftliche Praxisrelevanz, soziales Lernen, Interdisziplinarität. Beim Projektunterricht wird die Klassentür geöffnet, d.h. dass Projektorientierter Unterricht sich nicht nur auf den jeweils einzelnen Unterricht beschränkt, sondern in Verbindung mit der Entwicklung des Schullebens steht (weg von der räumlichen Verinselung schulischen Lernens).
Carolin Wiederholt
Der Hauptaspekt des "entdeckenden Lernens" steckt bereits am Namen: die Schülerinnen und Schüler sollen selbsttätig entdecken. "Entdecken ist als ein Vorgang zu verstehen, bei dem es zu subjektiver Neufindung von der Menschheit bereits bekannten Sachverhalten (Nachentdecken) kommen kann" (Kaiser 1997, S. 181).
Das Entdeckendes Lernen steht eine Variante des problemorientierten Lernens dar. Ich sehe den Unterschied darin, dass es nicht unbedingt so stark mit einer Fragestellung, einem Problem verbunden sein muss.
M.K.
Astrid Kaiser: Einführung in die Didaktik des Sachunterrichts (4. Auflage, Hohengehren 1997).